Zusammenfassung:Brief des deutschen Soldaten
Otto Fenscher, der am 27. 12. 1914 in Ostpreußen verletzt und von den
Russen gefangen genommen worden war. Er berichtete über seine
Gefangenschaft in Russland und als Augenzeuge über die genozidären
Verbrechen armenischer Kriegsverbrecher.
"Meine Flucht aus Russland"
Mein Name ist Otto Fencher. Ich gehöre dem 141. Infanterieregiment
an, das in Danzig stationiert ist. Nach meiner Verletzung am 27.
Dezember 1914 in Ostpreussen wurde ich von den Russen gefangen genommen.
Sie lieferten mich in ein Krankenhaus in Olbonlisky ein. Nach
sechsmonatiger Behandlung war ich geheilt und sie deportierten mich nach
Sibirien. Für den Lebensunterhalt gaben uns die Russen täglich 10
Kopeken. Besonders litten wir unter grossem Hunger und eisiger Kälte.
Wenn wir uns darüber beklagten, bekamen wir von unseren Wachsoldaten und
deren Offizieren zu hören: "Ihr deutschen Schweine müsst alles
ertragen". Diese unwürdige Behadlung durch die Russen betrübte uns sehr
und erschöpfte unsere Geduld. Viele meiner Kameraden dachten deshalb an
Flucht. Wir hausten in einer Baracke mit 200 Mann, an die ein Haus
angrenzte, das den Gefangenen Offizieren zugeteilt war. Österreichische
Gefangene, die unter uns waren, bestärkten uns in dem Gedanken an
Flucht.
Am 20. April 1915 machten wir den ersten Fluchtversuch.
Ziel war die rumänische Grenze. Wir waren 6 Mann: zwei deutsche
Offiziere, zwei österreichische Kadetten, ein Feldwebel und ich. Wir
erreichten die Stadt Onkoten (Katowsky) an der Grenze und mussten noch
einen Fluss überqueren. Es wurde beschlossen, dass zuerst die Offiziere
die Überquerung versuchen, die sie auch schafften. Als die Reihe an uns
war, wurden wir von einer russischen Patrouille beschossen und
gezwungen, uns ihnen zu stellen. Wir wurden festgenommen und sehr
schlecht behandelt. Viele Male peitschten uns die Wachsoldaten aus. Wir
wanderten von einem ins andere Gefängnis. Endlich brach die russische
Revolution aus, die für alle Gefangenen, auch für uns, ein Glück
bedeutete, denn wir hofften erneut auf Rettung. Wir waren gewillt, bei
der erstbesten Gelegenheit aufs neue zu fliehen. Es bot sich auch eine
günstige Gelegenheit, die unsere Flucht erleichterte. Bei Ausbruch der
Revolution befanden wir uns in der Stadt Astrachan an der Wolga. Die
neue Regierung nahm unsere Notlage zur Kenntnis, war uns außerordentlich
freundlich gesinnt und erlaubte uns, in der Stadt zu arbeiten, um Geld
zu verdienen.
Das war eine gute Gelegenheit. Zuerst lernten wir in
der Stadt lebende, vom Unglück betroffene Landsleute kennen. Als die
Russen Ostpreussen besetzten, führten sie von dort viele junge Mädchen
mit sich nach Russland. Wir halfen uns gegenseitig. Die Russen schickten
80 Mann, deutsche Kriegsgefangene- unter ihnen ich- und russische
Häftlinge, nach Tiflis (Tibilissi) zum Arbeiten. Hier dachten wir wieder
an Flucht. Ich kaufte von einem Russen deutscher Abstammung Kleidung
und Ausweis und bestieg, wie ein Russe aussehend, den Zug nach
Sarikamis.
Hier wurde ich auf dem Bahnhof Augenzeuge, wie
erbarmungslos Armenier Türken behandelten. In der Nähe des Bahnhofs
waren etwa 10 türkische Kriegsgefangene dabei, Holz zu tragen. Weil es
am Vortag geregnet hatte, konnten sie ihre Arbeit nicht so schnell wie
sonst verrichten. Der armenische Wächter, der sie bewachte, beschimpfte
sie und schlug einen von ihnen mit einem dicken Knüppel zu Tode.
Von
Sarikamis waren es noch 30 km bis Karaurgan, wo ich drei Tage blieb.
Dort wurde ich abermals Zeuge armenischer Greueltaten an Türken. Der
Hausherr, der mich aufgenommen hatte, war ein Türke und erzählte mir
traurig, die Armenier würden wenigstens zweimal in der Woche die Häuser
durchsuchen, alles Wertvolle an sich nehmen und sie grundlos prügeln.
Von
dort aus fuhr ich mit der Eisenbahn weiter nach Erzurum, wo ich mich
eine Woche lang aufhielt. Die Stadt glich einen Trümmerhaufen. Alle
Moscheen der Stadt waren in Badehäuser oder Lagerräume umgewandelt. Für
die Türken gilt nach 20 Uhr ein strenges Ausgehverbot. Eines Abends sah
ich mit eigenen Augen, wie drei Armenier auf brutalste Weise ein junges
türkisches Mädchen vergewaltigten. Als es zu schreien anfing, zog einer
von ihnen sein Messer und tötete es. Ich suchte einen Polizisten und
berichtete ihm davon. Als er erfuhr, dass das Mädchen eine Türkin war,
zuckte er nur mit den Schultern und sagte, "das mache überhaupt
nichts"; alle Türken müssten vernichtet werden.
Von Erzurum
fuhr ich in Richtung Mamahatun. Unterwegs traf ich viele türkische
Gefangene, die im Steinbruch arbeiteten. Sie verlangten von mir Tabak
und Brot. Als ich in Mamahatun ankam, betrat ich ein türkisches Geschäft
und kaufte ein paar Konserven. Gleichzeitig mit mir betrat ein
armenischer Offizier das Geschäft, der von dem Geschäftsinhaber 12
Konservendosen verlangte. Als er sie eingepackt hatte, fragte er nach
dem Preis. Als er hörte, dass sie 27 Rubel kosteten, begann er
fürchterlich zu fluchen, nahm die Ware und verliess ohne Bezahlung das
Geschäft. Der Ladeninhaber sagte mir, dass er das schon gewohnt sei, die
Armenier würden nie etwas bezahlen.
Nach ein paar Tagen kam ich per
Auto nach Irsensun. Der Fahrer erzählte uns, dass Kurden in der Umgebung
vor einigen Tagen ein armenisches Bataillon an der Front angegriffen
und es zunächst aus seinen Stellungen geworfen hätten. Als aber
russische Truppen kamen, wurden die Kurden zum Rückzug gezwungen. Nach
diesem Ereignis flüchteten alle Kurden und Türken aus ihren Dörfern. An
den Kindern, alten Männern und Frauen eines Dorfes, die nicht fliehen
konnten, verübten die Armenier Massenmord. Die Dörfer wurden von den
Armeniern und Russen geplündert. In Irsensun wurde ich dem 153.
russischen Regiment zugewiesen und nach ein paar Tagen zum
Vorpostendienst geschickt. Bei der ersten Gelegenheit flüchtete ich auf
die türkische Seite. Ich fühle mich verpflichtet, meine Dankbarkeit
nochmals für den herzlichen Empfang und die gute Behandlung durch die
türkischen Offiziere und Soldaten zum Ausdruck zu bringen.
Otto Fenscher(Unterschrift)
Quelle: Türkisches Militärarchiv Ankara (ATASE)
Archiv Nr.: 1/2
Schrank Nr.: 178
Regal: 1
Schnellhefter: 373
Akten: 1484
Katalog: 10-7